Haus Helvetia

Foto: Dieter Mehlhaff

 

Haus Helvetia

Adresse:
Am Bollwerk 10, 53343 Wachtberg-Berkum

 

 

Gemeindediakonin und
Gemeindenahe Sozialberatung des Diakonischen Werkes

Ina Hüttenrauch
Telefon 0228 34 21 24
E-Mail: ina.huettenrauch@ekir.de

Hausmeister: Andy Lötzsch

Anfahrt & Parken:

Die RVK-Buslinien 856, 857 und 880 halten an der Haltestelle „Seniorenpark“. Von dort ist das Haus Helvetia in drei Minuten zu Fuß zu erreichen.

Parken mit dem Auto ist in den umliegenden Straßen nur eingeschränkt möglich.

Fahrräder können vor dem Haus Helvetia abgestellt werden.

Keine Gottesdienste

Schwerpunkte im Haus Helvetia

Das Helvetia ist die Keimzelle der evangelischen Gemeinde in Wachtberg. In diesem Haus hielten die aus der Schweiz stammenden Schwestern Vögeli die ersten Kindergottesdienste oder Sonntagsschulen.

Heute ist das Haus Helvetia ein Haus der Begegnung. Hier treffen sich regelmäßig kochfreudige Menschen, ein Näh- und Handarbeitskreis, der Fotoclub Wachtberg, der Frauenkreis, der Trauertee und der Bibel-Gesprächskreis. Regelmäßig öffnen das Spielcafé und das Begegnungscafé „Pflege und Familie“ ihre Türen. Im Kulturcafé trifft man sich freitags, um Lesungen zu erleben, Lektüre-Erlebnisse auszutauschen, Erzählungen von interessanten Mitbürger*innen zuzuhören, beim Mit-Sing-Ding mitzusingen. Regelmäßig werden die Werke von Maler*innen und Fotograf*innen aus Wachtberg und der Region präsentiert. Alle drei Monate tagt hier das Presbyterium.

Im Haus Helvetia ist auch das Zentrum unserer diakonischen Arbeit angesiedelt. Hier ist das Büro von Ina Hüttenrauch, die neben ihrer Aufgabe als Gemeindepädagogin auch für die gemeindenahe Sozialberatung des Diakonischen Werkes zuständig ist.

 

Wie kommt „Haus Helvetia“ nach Wachtberg?

Foto: Dieter Mehlhaff

1926 kauften die aus der Schweiz stammenden Schwestern Vögeli ein Haus in Berkum, das sie als „Haus Helvetia“ zum ersten Stützpunkt evangelischen kirchlichen Lebens im Drachenfelser Ländchen, der heutigen Kommunalgemeinde Wachtberg ausbauten.

Alice, Frieda und Olga Vögeli wurden als Töchter des aus dem Schweizer Kanton Aargau stammenden, von der preußischen Regierung um 1875 in das Rheinland berufene Lehrerehepaar Joseph (1848-1927) und Caroline (1845-1902) Vögeli in Gummersbach bzw. Niederseßmar in den Jahren 1878, 1881 und 1882 geboren. Sowohl die drei Schwestern wie ihre drei Brüder Josef (1876-1937), Walther (1880-1942) und Oskar (1886-1956) wurden nach dem Bekenntnis des Vaters katholisch getauft, auf Wunsch der evangelisch-reformierten Mutter aber noch im Kindesalter in die evangelische Kirche aufgenommen und im evangelischen Geist erzogen. Die Familie zog nach dem Tod der Mutter und der Pensionierung des Vaters etwa 1920 nach Bonn. Beruflich war Frieda Vögeli im Bonner Telegrafenamt, Olga Vögeli als Buchhändlerin in der Bonner Buchhandlung Langewiesche tätig, Alice Vögeli führte den Haushalt; alle drei Schwestern blieben unverheiratet. Ein Neffe der drei Schwestern, Helmut Vögeli (1905-1965) wurde evangelischer Pfarrer in der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Die Schwestern Alice und Olga Vögeli kauften am 19. März 1926 die Liegenschaft „Auf der Gasse 10“ in Berkum und bezogen das etwa um 1870 erbaute Haus gemeinsam mit ihrer Schwester Frieda am 1. April. Das Haus stand bei Eröffnung der Grundbuchakten 1890 im Eigentum des Schreiners Peter Drothen aus Berkum, der es 1893 an den Fassbinder Anton Krahforst und dessen Ehefrau Gertrud, geborene Drothen, verkaufte. Nach dem Tod seiner Ehefrau verkaufte es Anton Krahforst 1920 an den Privatier Gerhard Jansen aus Bonn. Von diesem erwarben die Schwestern Olga und Alice Vögeli, die damals in Bonn, Reuterstraße 13 wohnten, das Haus um den Preis von 7000 Goldmark.

Schon ab 1927 errichteten die Schwestern Vögeli in dem nach der Heimat ihrer Eltern genannten „Haus Helvetia“ eine inoffizielle evangelische Predigtstation, die zur Keimzelle der 70 Jahre später gegründeten Evangelischen Kirchengemeinde Wachtberg wurde. Sie sammelten die wenigen evangelischen Kinder von Berkum und Umgebung zum sonntäglichen Kindergottesdienst. Der spätere evangelische Religionslehrer und Presbyter Richard Diehl (1923-1990) schilderte diese bescheidenen  Anfänge in der Festschrift zum 25jährigen Jubiläum der Heiland-Kirchengemeinde in Mehlem 1974 anschaulich:“ Ich stieß mit sechs Jahren zu dem kleinen Kreis von sonntäglichen Kindergottesdienstbesuchern. Zuvor erschien Frl. Olga Vögeli als eine der ersten Besucherinnen in dem noch unfertigen Haus meiner Eltern, stellte sich vor und lud ein. So einfach war das. Unter ihrer Regie kamen wir zu 3 – 6 Kindern sonntags zusammen, (wo zwei oder drei beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen), die Schwester Frieda begleitete auf dem Harmonium, aus der Küche drangen in die biblischen Erzählungen die Mittagsdüfte, die Schwester Alice dort verursachte.“ Den sonntäglichen Kindergottesdienst hat Olga Vögeli bis ins hohe Alter fortgeführt. Dazu konnte sie den evangelischen Religionsunterricht in der katholischen Volksschule neben Haus Helvetia übernehmen und hatte die Freude, dass „ihre“ Kinder häufig bei Prüfungsfragen zur biblischen Geschichte oder zum Katechismus am besten abschnitten. Ebenso lebhaft wie seinerzeit Richard Diehl erinnert sich noch heute eine in St. Augustin lebende Großnichte der Schwestern Vögeli, Rosemarie Frank-Leinen, geb. Vögeli, an idyllische Sommerwochen vor dem 2. Weltkrieg und Sonntagsbesuche nach dem Weltkrieg in Berkum. Als Familienchronistin und Zeitzeugin hat sie wertvolle Hinweise für diese Chronik von Haus Helvetia gegeben.

Ab 1936 kam einmal monatlich eine Bibelstunde im Haus Helvetia hinzu, zu der jeweils einer der Godesberger Pfarrer den beschwerlichen Weg nach Berkum unternahm. Nach Kriegsende stellten sich die Schwestern Vögeli in den Dienst der Hilfe für notleidende Familien und die ankommenden Flüchtlingen aus dem Osten Deutschlands, mit denen auch die Zahl der evangelischen Christen im Drachenfelser Ländchen sprunghaft anstieg. Ab 1951 konnte die Diakonisse Schwester Gertrud Striewe in Haus Helvetia einziehen und eine Sozial- und Seelsorgestation einrichten, die sie bis zum Weggang nach Wetzlar 1961 betreute. 1950 war durch einen Wanddurchbruch ein Versammlungsraum für rd. 50 Personen geschaffen worden, in dem regelmäßige Bibelstunden und Gottesdienste ab 1949 durch Pfarrer Friedrich Bleek, ab 1961 durch Pfarrer Helmuth Hofmann von der Heiland-Kirchengemeinde gehalten wurden.

1964 wurde Haus Helvetia umgebaut und neben dem modernisierten Gottesdienst- und Versammlungsraum eine Wohnung für die Familie des Diakons Ernst O. Pack geschaffen, der eine intensive Kinder- und Jugendarbeit in Gang brachte. Olga Vögeli zog altersbedingt, auch ihre Sehkraft war fast erloschen, 1964 in das Altersheim der Ev. Frauenhilfe in Mehlem, wo sie am 2. Februar 1966 starb.

Bereits 1951 hatte Olga Vögeli nach dem Tod ihrer beiden Schwestern (Frieda 1947, Alice 1951) eine notarielle Verfügung getroffen, der zufolge Haus Helvetia nach ihrem Tod per Vorkaufsrecht Ev. Heiland-Kirchengemeinde übereignet werden sollte. Das Presbyterium erwarb daher 1966 Haus Helvetia, in dem die Ev. Kirchengemeinde Wachtberg – seit 1997 Eigentümerin – mit der Religionspädagogin Heidrun Würtz und dem Diplompädagogen Frank Fongern eine intensive Gemeinde-, Kinder- und Jugendarbeit betreibt. Der Grabstein der Schwestern Vögeli wurde nach der Grabauflösung durch Johann Würtz gesichert und im Vorgarten von Haus Helvetia als dauerhafte Erinnerung an diese Pionierinnen evangelischer Verkündigung aufgestellt.

Harald Uhl, 2006